Donnerstag, 28. Februar 2013

Beispiel für eine Sachtextanalyse



SACHTEXTANALYSE

Analysieren Sie Aufbau, Inhalt, Sprache und Intention des vorgelegten Textes!
Nennen Sie in der inhaltlichen Analyse mindestens drei Punkte, welche M. Wagdy an ihrer Schule gut fand!
Bitte schreiben Sie immer ganze Sätze, keine Stichpunkte! 

[1.] Der vorgelegte Zeitschriftenartikel „Im Dienst der Sprache“ von Stefany Krath ist in Heft 4 (im vierten Heft), S. 28-30, der Zeitschrift „Begegnung“ im Jahr 2012 erschienen. Darin beschreibt die Autorin den Einfluss, welchen der Besuch der Deutschen Schule der Borromäerinnen (DSB) in Alexandria auf Marianne Wagdy hatte, die heute als Dolmetscherin für das deutsche Außenministerium arbeitet.


[2a] Betrachten wir zunächst den Inhalt des Textes. 
Der Text ist optisch und inhaltlich in mehrere Abschnitte unterteilt und mit drei Zwischenüber­schriften versehen, die aber nicht alle inhaltlichen Aspekte wiedergeben. 
 
In den beiden ersten Abschnitten (S. 28, Z. 1-8) werden Wagdys erster spontaner Einsatz als Dolmetscherin beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ vor zehn Jahren in Alexandria und ihr heutiger Beruf als Dolmetscherin des Auswärtigen Amtes in Berlin einander gegenübergestellt.


Dann folgen vier Abschnitte, die darstellen, was das schulische Leben für Wagdy bedeutete. Der erste Abschnitt (S. 28, Z. 9-24) zeigt auf, dass die Frauen der Familie Wagdy schon seit einigen Generationen die DSB besuchen. Sie lernen dort Deutsch und können sich daher innerhalb der Familie unterhalten, ohne dass die Männer sie verstehen. Wagdys Mutter ist sogar Lehrerin an der DBS geworden. Die nächsten drei Abschnitte (S. 29, Z. 25-55) geben konkrete Beispiele für den Unterricht an der DSB. Die Schüler lernen dort sehr selbständig und zielstrebig und müssen gute mündliche Mitarbeit zeigen. Sie haben aber auch viele Möglichkeiten außerhalb des Unterrichts, vor allem Musikkurse und kreative Arbeitsgemeinschaften. Wagdy wird schließlich Schulsprecherin. Außerdem ermöglicht die Schule eine Begegnung der verschiedenen Glaubensrichtungen und ist somit ein Ort der Freiheit und der Toleranz. Das selbständige Lernen, die Vielfalt des Schullebens und das Kennenlernen anderer Kirchen und Konfessionen bewertet Marianne Wagdy besonders positiv, sie seien prägend für ihren Werdegang gewesen.


In zwei weiteren Abschnitten (S. 29, Z. 56-75) wird das Verhältnis von Wagdy zu ihren zwei Haupt­sprachen beschrieben. Deutsch erscheint ihr reich und innovativ, aber auch präzise, so dass sie es eher für fachliche Themen benutzt. Ägyptisch hingegen ist voller Humor und witzig und die Sprache für emotionale Momente, auch in der Familie.


Die letzten drei Abschnitte (S. 29, Z. 76 - S. 30, Z. 102) erläutern zunächst Wagdys erste Erfahrungen, als sie zum Studium nach Deutschland kommt und einen Kulturschock erleidet. Sie hat auch Probleme, den pfälzischen Dialekt in Germersheim zu verstehen. Aber sie absolviert ein erfolgreiches Studium als Übersetzerin und Dolmetscherin und findet schließlich Arbeit in Berlin.


[2b] Kommen wir nun zur Sprache des Textes.
Der Text ist im Stil einer Reportage geschrieben; er mischt Informationen über Marianne Wagdy und ihre Familie mit Aussagen von ihr selbst. Sowohl die informativen Passagen als auch die Interviewteile sind in einem gewählten, aber gut verständlichen Deutsch geschrieben, fast durchwegs in Satzgefügen und mit einem präzisen Wortschatz.


Es gibt nur wenige Fremdwörter, die aber durchwegs schon zum normalen Wortschatz gehören: 
„spontan“ (S. 28, Z. 3), 
„pädagogische“ (S. 29, Z. 34-35), 
„engagiert sich“ (S. 29, Z. 38-39), 
„Toleranz“ (S. 29, Z. 46),
„innovative“ (S. 29, Z. 60), 
„implizite“ (S. 29, Z. 67) usw. 

In den Interviewpassagen gibt es naturgemäß einige umgangssprachliche Ausdrücke, z.B. 
„eingetrichtert“ (S. 29, Z. 33), 
„toll“ (S. 29, Z. 45), 
„komplett leer“ (S. 29, Z. 83), 
„keine Menschenseele“ (S. 30, Z. 86-87), 
„rein gar nichts“ (S. 30, Z. 93-94). 
Es fällt auf, dass Wagdy sogar in der gesprochenen Sprache teilweise den Konjunktiv I verwendet, was auf eine sehr gute Sprachbeherrschung hinweist (vgl. S. 30, Z. 91-93).


Sprachliche Bilder und rhetorische Figuren sind in diesem Artikel sehr selten. Es gibt einige Metaphern: 
„Die Familie hat keine deutschen Wurzeln“ (S. 28, Z. 13),
„eine kleine Oase der Freiheit und Toleranz“ (S. 29, Z. 46), 
„Wagdy fühlt sich sowohl im Deutschen als auch im Ägyptischen zu Hause“ (S. 29, Z. 69-70), 
„die frischgebackene Abiturientin“ (S. 29. Z. 78), 
„ein Buch mit sieben Siegeln“ (S. 30, Z. 91). 

Als eine Art Klimax (Steigerung) kann man den Anfang des letzten Abschnitts betrachten: „Wagdy lebt sich ein, findet Freunde, arbeitet neben dem Studium […]“ (S. 30, Z. 96-97).


[2c] Aus der Sprache und dem Inhalt kann man auf die Intention der Autorin schließen. 
S. Krath will mit Sicherheit informieren, was man daran erkennt, dass sie klar schreibt und keine eigene Meinung äußert. Andererseits lässt sie oft M. Wagdy zu Wort kommen, um ihren Bericht interessanter und authentischer zu machen. Der Artikel soll Interesse am Beruf des Dolmetschers wecken und auch an der Deutschen Schule der Borromäerinnen in Alexandria.


[2d] Wer könnte das Zielpublikum dieses Artikels sein?
Vermutlich wendet sich der Artikel an Personen, die sich für deutsche Schulen im Ausland und für Sprachen interessieren, z.B. an Schüler und Lehrer solcher Schulen, aber auch an Personen, die sich für das Leben arabischer Frauen interessieren. Da Marianne Wagdy eine ungewöhnliche Karriere gemacht hat, soll ihr Beispiel vielleicht andere Frauen aus dem arabischen Kulturkreis ermutigen, auch eine gute Bildung zu erlangen. Da der Text nicht sehr schwierig ist, kann er auch von Schülern verstanden werden.


[3] Ein wichtiger Aspekt, der in diesem Artikel angesprochen wird, ist die Rolle der Bildung für den beruflichen Aufstieg.
Dass hier eine besondere Person im Mittelpunkt steht, sieht man schon an dem Serientitel „Alumni VIP“: In dieser Serie werden also nur wichtige (VIP) Personen vorgestellt, die es zu etwas gebracht haben. Nach Darstellung des Artikels hat die Deutsche Schule der Borromäerinnen in Alexandria einen wichtigen Anteil an der Karriere von Wagdy, die es im Laufe der Jahre bis in ein Ministerium geschafft hat. Insofern wirbt der Artikel für den Besuch dieser Schule bzw. von deutschen Schulen ganz allgemein, da angeblich diese die ausländischen Schüler zu wertvollen Persönlichkeiten heranbilden würden


Der Artikel vertritt ein optimistisches Weltbild dadurch, dass er beruflichen Erfolg als ein unmittel­bares Ergebnis von guter Bildung darstellt. Das ist sicher zu einfach gedacht. Und man darf auch nicht vergessen, dass die deutschen Schulen viel Geld kosten und sich nicht jede Familie den Schulbesuch ihrer Kinder in diesen Elite-Schulen leisten kann.

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